Markus Blättler
Interview
Interview: Fabian Schwarzenbach Foto: Barbara Jung

Markus Blättler

Der „Källerstraich“ ist ausverkauft. Warum freuen sich so viele Leute auf eine Vorfasnachtsveranstaltung in einem Marionetten-Theater?


Es ist wohl die unnachahmliche Verschmelzung von Fasnacht und Figurentheater, die ein Besuch vom „Källerstraich“ zu einem amüsanten und charmanten Erlebnis macht. Zentral dabei ist, dass die Texte sorgsam, pointiert und auf die Figuren zugeschnitten sind. Dann kommt die Spielfreude hinzu und das stimmige Ambiente des Zehntenkellers.


Trommeln und pfeifen die Figuren auch?


Hier müssen wir natürlich tricksen. Sagen wir es mal so, es sind trommelnde und singende Figuren zu sehen. Es besuchen uns aber auch, echte“ Schnitzelbänke und mit den „Ego-Säu“ macht bei uns eine Pfyffergruppe auf höchstem Niveau mit.


Was macht generell die Faszination aus, Marionettentheater zu spielen?


Figurentheater – um die Frage etwas zu öffnen – bedeutet Illusion, bedeutet eine Einladung für eine Kurzreise in eine andere Welt, in die Welt der Fantasie oder – was auch sein kann – eine Reise zurück in eine vergessene Kindheitserinnerung. Das bedeutet aber keineswegs, dass Figurentheater „Kindertheater“ ist. Im Gegenteil – auch bei Erwachsenen vermag das Figurentheater eine Ebene zu erreichen, die tiefer geht. Dies auszulösen, ist wunderschön.


Haben Sie schon einmal – im wahrsten Sinn des Wortes – den Faden verloren?


Das ist mir zum Glück noch nie passiert. Aber es ist schon bei anderen Spielern vorgekommen. Weit öfters passiert es, dass sich zum Leidwesen der Spielenden ein Faden in den Requisiten verheddert. Dann ist grosse innere Ruhe gefragt.


Wie suchen Sie sich die Stücke aus? Gibt es spezielle für Marionetten?


Darin liegt gerade das Reizvolle, Geschichten auf die Figurenbühne zu bringen, die man vielleicht gar nicht so erwartet, weil man bisher nur das Buch gelesen oder den entsprechenden Film gesehen hat. Letztlich müssen mich die Geschichten und die Charaktere interessieren. In der kommenden Saison werden wir „Den Gott des Gemetzels“ von Yasmina Reza inszenieren. Ob das wirklich geht, wird sich ab Oktober weisen. Ich behaupte, es geht.


Viele geeignete Marionetten gibt es vermutlich nicht ab Stange zu kaufen. Stellen Sie die selber her?


Früher wurden alle Marionetten in unserem Theater entwickelt und gebaut. Diese Handfertigkeit ging in den letzten Jahren leider verloren. Es gibt aber spezialisierte Figurenbauer/innen, die das Handwerk noch beherrschen. Figuren „ab der Stange“ sind jedoch ein absolutes Tabu. Jede Figur muss etwas Individuelles haben und ein Unikat sein. Man sagt, die Figuren hätten sogar ein Eigenleben.


Ist es einfacher mit einer Marionette Theater zu spielen, als selber auf der Bühne zu stehen?


Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube nicht, dass es einfacher ist. Es ist letztlich etwas ganz anderes. Der Figur fehlt in aller Regel die Mimik. Die Figurenspielenden müssen dies also mit präzisen Bewegungen kompensieren und Mittel finden, die Gefühlslage einer Figur klar zu zeichnen. SchauspielerInnen können sich dafür freier auf der Bühne bewegen, können sich mit Interaktionen direkter und unmissverständlich an ihr Publikum richten.

Das Basler Marionetten-Theater ist mittlerweile 75 Jahre alt. Was wünschen Sie sich für die Zukunft?


Ich wünsche mir, dass es dem Marionettentheater gelingt, die „Faszination Figurenspiel“ auch in den nächsten Jahrzehnten und selbst in angespannten Zeiten bewahren und Herzen erreichen zu können. Es wäre ein positives Signal für unser Haus und für die vielen Menschen, die uns besuchen.

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Markus Blättler

Er ist künstlerischer Leiter des Basler Marionetten-Theaters. In den historischen Gemäuern des Zehntenkellers am Münsterplatz bringt er regelmässig die Puppen zum Tanzen. So auch vor der Fasnacht, wenn er mit verschiedenen neuen Figuren - auch bekannte Schnitzelbänggler hat er nachgebildet, bzw. nachbilden lassen - eine kleine Fasnachtswelt entstehen lässt.